Pressemitteilung zum Haushaltsentwurf der Bundesregierung 2024 der Deutschen Vereinigung für Politischen Bildung e.V.

Die Deutsche Vereinigung für politische Bildung e.V. (DVPB) schließt sich der in den letzten Tagen geäußerten, massiven Kritik der freien Träger der politischen Jugend- und Erwachsenenbildung an den erheblichen Kürzungen im Haushaltsplan der Bundesregierung für 2024 an (u.a.: Bundesausschuss Politische Bildung/bap, Arbeitskreis deutscher Bildungsstätten/AdB, Arbeitsgemeinschaft katholisch-sozialer Bildungswerke/AKSB und der Kulturellen Bildung/bkj). Es sind Kürzungen, die angesichts der demokratischen Zukunftsaufgaben in unserer Gesellschaft höchst fragwürdig sind

Die DVPB fordert die Bundesregierung deshalb dringend auf, die geplanten massiven Einschnitte in der politischen Bildung und der Jugendarbeit nicht umzusetzen. Die politische Bildung braucht mehr und nicht weniger Unterstützung durch öffentliche Förderung. Ansonsten ist absehbar, dass sich die bereits in den letzten Jahren abgebaute Infrastruktur der politischen Jugend- und Erwachsenenbildung aus ökonomischen Gründen weiter aus ihrem öffentlichen Auftrag zurückziehen muss. Sie ist aber das Fundament der politischen Bildung als Daueraufgabe, ohne die sich vor allem junge Menschen nicht auf die demokratische Gestaltung der schwierigen Transformationsprozesse der nächsten Jahrzehnte vorbereiten können.

Die DVPB kritisiert darüber hinaus, dass die geplanten Kürzungen der politischen Bildung im Bundeshaushalt offenbar mit einer noch deutlicheren Schwerpunktverschiebung der demokratiefördernden Bildungsarbeit auf reine Extremismusprävention einhergehen soll:

In den beiden relevanten Ressorts kommt es beim Jugendministerium (BMFSFJ) zu erheblichen Kürzungen in der Kinder- und Jugendarbeit, zu der auch die politische Jugendbildung gerechnet wird. In einer Pressemitteilung des Arbeitskreises Deutscher Bildungsstätten (AdB) wird von einer Kürzung um 18,6 Prozent gesprochen. Dagegen soll das Programm „Demokratie leben!“ nach einer Pressemitteilung des BMFSFJ weiter auf dem erst 2023 erreichten hohen Niveau von 200 Mio. Euro gefördert werden. Und im Haushalt des Innenministeriums soll das Budget der Bundeszentrale für politische Bildung (bpb) von 96 auf 76 Mio. Euro gekürzt werden. Gleichzeitig steigt im Haushalt der bpb aber das Budget der „Projekte für demokratische Teilhabe und gegen Extremismus“ von 10,8 auf 11,5 Mio. Euro. Nach Aussage des Bundesausschusses für politische Bildung (bap) sollen die Veranstaltungen der Träger der allgemeinen politischen Erwachsenenbildung dagegen um 25% gekürzt werden.

Die Deutsche Vereinigung für politische Bildung (DVPB) hatte in den vergangenen Jahren immer wieder vor dem Trend gewarnt, die politische Bildung der Logik einer nur noch extremismuspräventiven Demokratieförderung unterzuordnen. In unserem Positionspapier vom November 2020 heißt es dazu: „Statt einseitig darauf zu fokussieren, welche Gefahren von Lernenden ausgehen können, die die Demokratie und die Menschenrechte ablehnen, richtet sie ihr Augenmerk besonders auf die Stärkung der partizipatorischen Potentiale und Möglichkeiten der Adressat*innen auf ihre Entwicklung zur Mündigkeit.“

Seither haben u.a. auch die Autor*innen des 16. Kinder- und Jugendberichts aus einer interdisziplinären wissenschaftlichen Perspektive davor gewarnt „Demokratiebildung oder politischen Bildung mit Extremismusprävention in eins zu setzen“1. Zuletzt hat eine der Vorsitzenden der DVPB, Professorin Andrea Szukala, diese Position am 27.03.2023 im Deutschen Bundestag bei der Anhörung zum Demokratiefördergesetz vorgetragen.

Die DVPB ist davon überzeugt, dass eine gegenüber den Anliegen aller Generationen offene, durch Professionelle getragene politische Bildung unabdingbare Voraussetzung einer Prävention von Extremismus in der Demokratie ist. Die politische Bildung kann aber nur dann beitragen, wenn sie sowohl über eine gute institutionelle und verbandliche Infrastruktur im Bereich der non-formalen politischen Bildung als auch über eine flächendeckende Verankerung als Fach und Disziplin in den Lehrplänen und Programmen von Schulen und Hochschulen verfügt.

Die DVPB fordert deshalb als Fachverband der politischen Bildung die Bundesregierung dazu auf, an keiner Stelle Kürzungen in der politischen Bildung vorzunehmen. Außerdem raten wir gemeinsam mit zahlreichen anderen Akteur:innen aus Bildung, Bildungsforschung und Zivilgesellschaft dringend dazu, politische Bildung nicht mehr für Ziele der Inneren Sicherheit wie die Extremismusbekämpfung zu instrumentalisieren. In einem subsidiär angelegten demokratischen Staat müssen zivilgesellschaftliche Träger der politischen Bildung ihre Themen eigenständig bestimmen können. Eine aus der Zivilgesellschaft erwachsende und von ihr getragene, demokratische politische Bildung ist die beste Versicherung gegenüber Vertrauensverlusten und Demokratieverdrossenheit in unserer Gesellschaft.

Links zu erwähnten Expertisen und Pressemitteilungen:

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1 Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) (2020). 16. Kinder- und Jugendbericht – Förderung demokratischer Bildung im Kindes- und Jugendalter. Berlin. S. 123.